Samstag, 1. Januar 2011

Der erste Tag des neuen Jahres


Ein neues Jahr. Irgendwie hat sich wie immer nichts geändert.
Nebelig ist es.
Morgens – oder besser, am späten Vormittag – brechen wir zu unserer üblichen Runde auf. Als ich das Tor öffne, läuft gerade die Frau mit dem netten Jagdhund vorbei, die wir neulich schon trafen. Ich lasse Buddy raus, sie lässt ihre Hündin von der Leine, denn sie weiß, dass er ungefährlich ist – die Hündin ist wohl läufig, brûlante, wie sie mir vor einigen Tagen erklärt hat, ich schließe messerscharf: heiß ist sie – on heat. Was Buddy nur leicht interessiert – und wünscht mir: „Ein gluggliches neues Jahr“, schön auf Deutsch. Ich freue mich und wünsche ihr eines zurück, auch auf Deutsch natürlich. Schon nett, finde ich. Ich bin immer noch sehr erstaunt, wenn jemand Englisch oder gar Deutsch kann, aber irgendwie scheint sich in den letzten Jahren etwas getan zu haben, man spricht Fremdsprachen und beweist es auch. Es war immer klar: In der Schule lernen französische Kinder Englisch – und meist auch eine zweite Fremdsprache, im Süden ist das oft Spanisch, im Norden oft Deutsch. Nur trauten sie sich selten, das auch zu zeigen. Wenn sie wüssten, dass ihre Aussprache gar nicht so schlecht ist – auf Deutsch, auf Englisch ist es oft eine größere Katastrophe – wären sie vielleicht mutiger. Ich vermute ja, dass hier im Westen, vor allem in der Bretagne, das gute Deutsch vom harten Französisch kommt, das hier gesprochen wird. Bretonisch beinhaltet Laute wie das Deutsche: Ch, das aus dem Rachen kommt, Sch gezischt und natürlich das ausgesprochene H. Außerdem sind die Vokale klar und werden so ausgesprochen wie sie geschrieben sind. Das scheint sich auch auf den französischen Akzent übertragen haben, denn das bretonische Französisch ist sehr viel härter als einiges andere, das man so hört. Ich vermute, dass dies der Grund ist, weshalb die Bretonen Deutsch gut aussprechen können. Und hier – keine Ahnung, wie hier die Geschichte des lokalen Akzentes ist, aber immerhin sind wir am Rande der historischen Bretagne, auch wenn Loire-Atlantique heute nicht mehr dazugehören darf, und die Vendée eine eigenständige Kultur und Geschichte hat.
Die Frau geht einen anderen Pfad als ich, doch wir sehen sie und ihre Hündin kurze Zeit wieder. Buddy springt zur Freundin davon, ich gehe weiter, gehe davon aus, dass er schon wiederkommt, wie immer. Doch er kommt nicht. Ich gehe die Dünen hinunter zum Asphaltweg und pfeife. Kein Buddy. Ich biege in den nächsten Pfad ein, schneide von der üblichen Runde ein Stückchen ab, um so schnell wie möglich zurück dahin zu kommen, wo ich einen Überblick über das Gelände habe, soweit es der Nebel zulässt. Langsam werde ich nervös, auch wenn ich eigentlich sicher bin, dass er nicht verloren geht. Wir sind inzwischen die Strecke so oft gelaufen, dass er in jedem Fall zurück zum Haus finden wird. Dennoch, man wird nervös.
Und dann ist er plötzlich neben mir, wie ein Wirbelwind taucht er aus dem Nebel auf, muss wohl unsere übliche Strecke gerannt sein, ohne die Ecke abzuschneiden. Wobei man den anderen Pfad auch von hier aus sehen kann, so ist es nicht. Er freut sich sehr, mich wiedergefunden zu haben, ich freue mich auch. Danach bleibt er brav an meinen Hacken.
Nachmittags gehen wir noch einmal in die Dünen, dieses Mal in die andere Richtung. Schön ist es hier – wäre es hier – wenn kein Nebel wäre. Aber die Kieferwäldchen, die Heide, die im Moment wie ein Teppich auf den Dünen liegt, sind auch so einfach nur schön. Bei gutem Wetter wäre es natürlich noch viel schöner, aber na ja, es ist Winter.
Wir gehen bis fast zum Campingplatz in die eine Richtung durch die Wäldchen, dann auf einem parallelen Pfad unten in der Senke wieder zurück. Insgesamt sind wir dann doch eineinhalb Stunden unterwegs. Damit bin ich zufrieden, es wird Zeit, mal wieder richtig gelaufen zu sein. Und Ian Rankin ist einfach eine gute Begleitung im Ohr.

Heute gibt es Fisch. Ich habe neulich ja Fischfilet eingefroren, heute werde ich es im Backofen zubereiten. Ein bisschen Zucchini und Pilze, eine Handvoll von diesen kleinen Tomaten, Weißwein und etwas fettarme Crème fraiche - das wird ein leckeres Neujahrsessen. Gerade habe ich festgestellt: Schollenfilet habe ich gekauft – la plie – kein Wunder, dass die so gut schmeckt. Hatte ich schon in der Bretagne. Denn nicht jeder Fisch schmeckt gut. Oh – und die war so günstig? Ich dachte, Schollen sind auch auf dem Index. Ich sollte wohl besser aufpassen.  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen